Walter Benjamin hat nicht nur einfach versucht, Erklärungen für unsere Welt zu finden. Der deutsche Philosoph, der während des NS-Regimes aus Deutschland floh, wollte Zusammenhänge erkennen: Wissenschaft und Politik kamen oft und ständig in seinen Schriften vor, die zum großen Teil erst nach seinem Tod veröffentlich wurden. Was waren seien politischen Ansichten und wie kann man sie beurteilen?
Bis heute haben seine Werke einen großen Einfluss auf die Philosophie. Trotzdem bleibt Walter Benjamin seine Eigenart: Viele verstanden und verstehen seine Positionen nicht, können seine Verknüpfungen nicht nachvollziehen. Trotzdem hat Benjamin mit seiner dialektischen Denkweise Neuheiten eingebracht, die in der Realität oft schwer umsetzbar sind.
Was heißt dialektisch im Bezug auf den politischen Walter Benjamin? Das heißt zum einen, dass er sich nicht auf Parteien gestützt hat. Für ihn gab es keine richtige Partei, da dies Politik und Entscheidungen viel zu sehr einschränken würde. Zudem ist eine Partei meist nur eine Sache: Eine Annäherung an die Ideologie, die sich in den Köpfen der Wähler vermittelt. Für Benjamin war eine Annäherung nicht genug und kann im Regierungssystem des Menschen nur wenige gute Folgen haben.
Das politische Interesse des Philosophen wuchs mit der Zeit, auch wenn es immer schon vorhanden war. Er begann schon sehr früh, Verknüpfungen zur Philosophie aufzubauen. Das hat bis heute große Nachwirkungen hinterlassen: politische Philosophie ist einer der elementaren Bestandteile der politischen Kritik, da viele politischen Prinzipien aus Sicht der theoretischen Philosophie als falsch gewertet werden müssen. Daher deckt diese auch die Unvollkommenheit von Regierungssystemen und -formen auf.
Trotzdem kann man Benjamin generell eher als liberal einstufen. Das ist bei seinen Denkansätzen auch kein Wunder: Dialektik fordert immer die Betrachtung beider Seiten. Ist dies gegeben und wird es konsequent ausgeführt, führt Konservatismus zu nichts. Eine allumfassende Beobachtung, eine Einbeziehung beider Seiten und politische Dialektik sucht auch immer nach einem Grund und einer Ursache, sobald etwas aus dem Schema fällt, das man für „normal“ hält. Die Antwort der konservativen Seite ist immer dieselbe: Weil es falsch ist. Für Benjamin sind solche Antworten nicht tiefgründig genug. Wenn man nach dem wahren Grund sucht, sind Liberalismus und Dialektik wichtig, wenn nicht unverzichtbar.
Benjamin befasste sich viel mit dem Konflikt zwischen Kommunisten und Faschisten, natürlich auch aus persönlichen Beweggründen. Er schlug sich jedoch nicht auf die eine oder die andere Seite, wie man es oft von einem politischen Philosophen erwartet. Ihm ging es nie darum, eine bestimmte Ideologie zu verkörpern und an andere Menschen weiterzugeben. Walter Benjamin ging es darum, Mechanismen zu verstehen und Entwicklungen zu prognostizieren. Sowohl bei Faschisten als auch bei den Kommunisten konnte er Engstirnigkeit feststellen. Daher entstand auch seine Idee, dass die europäische Kultur vom Aussterben bedroht sei. Für ihn waren die Konflikte, die sich abspielten, kurzlebig und zeugten nicht von Weitblick.
Zu Lebzeiten schlug sich Walter Benjamin mit der Zeit immer mehr auf die Seite des Marxistischen Sozialismus. Ohne selber in eine Partei einzutreten sah er in dem deutschen Konflikt zwei Elefanten, die gegeneinander kämpfen und dabei mehr und mehr die kleinen Ameisen unter ihren Beinen zerquetschen. Für Benjamin waren weder Kommunismus noch Nationalismus die Lösung für die staatlichen Probleme, sondern die Herrschaft der vielen und geringen.